Giuseppe Tornatores Verneigung vor einem Genie: „Ennio Morricone – Der Maestro“ in Blu-ray- und 4k-Qualität

Schenkt man der ImdB Glauben, so hat Morricone in seinen 92 Lebensjahren über 500 Filmmusiken komponiert. Dazu kommen, wie man spätestens nach dem Genuss von ENNIO MORRICONE – DER MAESTRO weiß, noch unzählige Arbeiten als Song-Arrangeur in den goldenen Zeiten des Italo-Schlagers in den 60ern sowie Kammermusiken und Messen: Ein rastloser wie disziplinierter Arbeiter, aus dem die Noten mit außerordentlicher Geschwindigkeit und Hang zum Multi-Tasking nur so zu Papier sprudelten, darüber hinaus aber mit seinen Ideen die Musik des 20. Jahrhunderts prägte und revolutionierte. Tornatore zeichnet in seiner knapp 150 minütigen Würdigung Lebens- und Karriereweg des Klangzauberers nach: Von den Anfängen als Trompeter in der Kapelle des Vaters über die schwierigen Studienjahre bei verständnislosen Professoren und Kommilitonen hin zur „Ochsentour“ beim Plattenlabel RCA bis hin zur Erfindung seines unverwechselbaren Sounds im Kino, entpuppt sich Morricones Geschichte als eine Suche nach Anerkennung in einem streng zwischen Kunst und Kommerz eingeteilten Spannungsfeld, das er in seiner Musik kongenial zu vereinen wusste.

Spätestens mit dem Ehren-Oscar fürs Lebenswerk 2007 (an der goldenen Statue ist er vorher fünf Mal gescheitert, 2016 nimmt er sie ein weiteres Mal für THE HATEFUL EIGHT entgegen) wurde ihm auch diese zuteil – eine späte Genugtuung. Tadellos führt ENNIO anhand zahlreicher Ausschnitte, die eigentlich sofort Lust machen, die jeweiligen Filme wiederzusehen, durch eine glanzvolle Karriere (weniger Gelungenes wird dem Anlass entsprechend freundlich übersprungen). Dazu gesellt sich eine ganze Heerschar an Persönlichkeiten, die Morricone in ihren Statements Ro-sen streuen. Richtig die Augen zum Leuchten bringt jedoch der Maestro selbst, wenn er über seine Musik spricht und sie mit Blicken und Gesten geradezu plastisch zum Leben erweckt – da sprühen die Funken! ENNIO ist nicht nur für Fans ein unverzichtbares Dokument – selbst jene, die bislang kaum Berührungspunkte hatten werden dem Zauber von Morricone erliegen. Und hätten dann, zumindest bei der üppig ausgestatteten Premium-Ausgabe von Koch Media, noch genug Anschauungs- und -Hörungsmaterial zur Vertiefung. 

Florian Widegger