Mit dem Weltkriegs-Drama „Comandante“ sind die 80. Filmfestspiele am Lido von Venedig eröffnet worden. Nicht allen gefiel der Film.
Von Matthias Greuling
Eigentlich hätte ja am Mittwoch Abend Jungstar Zendaya über Venedigs roten Teppich schreiten sollen, zur Premiere von Luca Guadagninos Tennisdrama „Challengers“. Doch der Film musste zurückgezogen werden, vor allem deshalb, weil die US-Schauspieler in einen nun schon Monate andauernden Streik getreten sind, der ihnen die Arbeit an einem Film, aber auch die Promotion dafür verbietet. Folglich muss man die US-Stars am Lido heuer mit der Lupe suchen.

Festivalchef Alberto Barbera hatte aber einen Plan B: Mit „Comandante“ von Edoardo De Angelis, der eigentlich als Abschlussfilm laufen sollte, zauberte er kurzerhand einen neuen Eröffnungsfilm aus dem Hut – es ist einer von sechs italienischen Filmen im Wettbewerb – für Beobachter auch ein Indiz, dass man sich hier wieder mehr auf heimische Filmware zurückzieht. Oder zurückziehen muss, denn der Streik lässt Venedig kaum eine andere Wahl.
„Comandante“ erzählt bildgewaltig von einem heldenhaften italienischen U-Boot-Kommandanten im Zweiten Weltkrieg. Salvatore Todaro (1908-1942) entschied sich 1940 während einer Fahrt auf dem Atlantik, ein belgisches Schiff, das nachts ohne Beleuchtung in Kriegsgewässern unterwegs war, zu versenken. Die 26 Besatzungsmitglieder wollte er allerdings in einem Anflug von Menschlichkeit aus der Seenot retten und auf sein Schiff bringen, was gar nicht konfliktfrei verläuft. Die Befindlichkeit der eng zusammengepferchten Passagiere und der U-Boot-Besatzung eskaliert bald.
Der „gute“ Faschist
Die Presse hatte schnell ein Urteil parat: Hier werde eine Fabel vom „guten Faschisten“ entworfen, der sich in großer Menschlichkeit einen Namen gemacht habe. Doch Regisseur De Angelis hatte mit der Verfilmung der wahren Geschichte ganz anderes im Sinn, wie er in Venedig erzählte: „Ich hoffe, dass jeder, der den Film sieht, erkennt, dass es ewige und unveränderliche Gesetze wie das des Meeres gibt, die niemals gebrochen werden“. De Angelis spielte damit auf den anwesenden Rechtspopulisten Salvini an, und auch auf die abweisende Haltung Italiens in Fragen der Seenotrettung während der aktuellen Flüchtlingskrise.
Hauptdarsteller Pierfrancesco Favino lässt seinen Helden sagen, er sei ein Mann des Meeres – und hier würden eben andere Gesetze als jene des unbarmherzigen Krieges gelten. Man sei sich auf See sozusagen verpflichtet, humanistisch zu handeln. „Todaro war Krieger und Retter gleichermaßen. Er hatte seine Mission nicht mit dem Ziel angetreten, Leben zu retten: Es wurde ihm erst später bewusst, dass das auch ein Weg sein kann“, sagt Favino.
