Filmfestival Venedig: Michael Manns „Ferrari“ hatte Weltpremiere – und Adam Driver wetterte gegen Netflix und Amazon.
Von Matthias Greuling / RedCarpet-Fotos: Katharina Sartena
Eigentlich ziemlich genial, wenn man Driver heißt und einen Rennfahrer spielt – das muss sich wohl auch Adam Driver gedacht haben, als ihn Michael Mann für sein Biopic „Ferrari“ über Enzo Ferrari besetzt hat. Darin gibt es zuhauf alte (und wertvolle) Ferrari-Modelle zu sehen, und natürlich die Lebensgeschichte des Unternehmensgründers. Der rasante Sport-Thriller hatte in Venedig im Wettbewerb um den Goldenen Löwen Premiere und bringt zu Ende, was bereits im Jahr 2000 begann: Das Projekt stand damals unter der Ägide von Sydney Pollack, der die Regie übernehmen sollte. Daraus wurde nichts, und zigfach reichte man das Projekt herum, auch Hugh Jackman hätte Enzo Ferrari darstellen sollen, geworden ist es schließlich Driver.

Der hatte in Venedig am roten Teppich posiert, die Autos aus dem Film waren auch dabei, aber seltsamerweise hat die Produktionsfirma den ultimativen Marketing-Clou verstreichen lassen: In Monza bei Mailand findet kommendes Wochenende der nächste Formel-1-Grand-Prix statt, es wäre also naheliegend gewesen, die „Ferrari“-Filmpremiere auch für einen Auftritt der aktuellen F1-Piloten Carlos Sainz und Charles Leclerc am roten Teppich zu nutzen. Leider haben wohl weder die Festivalverantwortlichen noch Ferrari selbst an diesen naheliegenden Bewerbungseffekt gedacht.

Aber vielleicht war es auch wichtig, stattdessen auf einen anderen Umstand hinzuweisen, der derzeit eine regelrechte Star-Flaute auf dem Lido verursacht: Der Streik der US-Schauspieler, die sich für bessere Arbeitsbedingungen und gegen eine Dominanz von Künstlicher Intelligenz in der Filmherstellung richtet. Dass Driver hier für die US-Filmproduktion „Ferrari“ Promotion machen darf, bedurfte einer Sondergenehmigung durch die Screen Actors Guild (SAG), die Schauspielergewerkschaft, denn an „Ferrari“, so die SAG, gäbe es nichts auszusetzen: Der Film wäre genau nach den Standards gedreht worden, die die SAG von den großen Studios einfordert. „Wenn eine Independent-Produktion wie die unsere es schafft, diese Forderungen einzuhalten, wieso schaffen es dann Branchen-Riesen wie Netflix oder Amazon nicht?“, fragte Driver am Lido vor Journalisten. Er sagte auch, es sei eine „klare Sache“ gewesen, die Gelegenheit zu nutzen, um am Festival teilzunehmen und sich mit der SAG-Gewerkschaft zu solidarisieren, „indem ich dort auftauche und nur noch mehr beweise, dass es wirklich um die Leute geht, mit denen man Filme macht“, so Driver.
„Ferrari“ ist, wie Michael Mann es formuliert, „ohne großen Scheck eines Studios“ entstanden, sondern wurde realisiert, „weil viele Leute daran mitgearbeitet haben, die auf einen großen Teil ihres Gehalts verzichtet haben“. Prekäre Verhältnisse also in der US-Independent-Szene? Durchaus, weshalb man die Forderungen der SAG vollinhaltlich unterstütze. „Wir stehen individuell und kollektiv hinter den Anliegen der Gewerkschaft“, sagt Mann.
Bleibt nur mehr die Frage nach dem „Driver of the Day“, wie man das aus der Formel-1 kennt. Der ist eindeutig Adam Driver himself – einer, der sich traut, gegen die Praktiken der Branchenriesen auch mal öffentlich lautstark den Mund aufzumachen.
