Woody Allen: Zurück im Rampenlicht

In Venedig stellte Allen seinen 50. Film vor: „Coup de Chance“. Das verlief nicht ohne Proteste.

Von Matthias Greuling

Es war eine Rückkehr ins Rampenlicht, die Woody Allen in Venedig erlebte, nachdem der inzwischen 87-jährige Regisseur die Zeit der Pandemie ohne neues Filmprojekt zubringen musste und sich darüber hinaus mit Missbrauchsvorwürfen konfrontiert sah: 1992 soll er seine Adoptivtochter Dylan Farrow sexuell missbraucht haben, doch der Regisseur, der von der Child Sexual Abuse Clinic des Yale-New Haven Hospital und dem New Yorker Department of Social Services in beiden Fällen freigesprochen wurde, hat stets seine Unschuld beteuert.

Allen tat der Auftritt in Venedig sichtlich gut. Sein neuer Film „Coup de Chance“, den er in Frankreich und auf Französisch gedreht hat, kam beim Premierenpublikum überaus gut an, es gab Standing Ovations. Unzählige Allen-Fans stellten sich danach für Autogramme an und skandierten „Woody, we love you“. Am Abend kam es dann aber auch zu Protesten gegen Allen: Einige gewaltbereite Demonstranten prügelten sich mit Schaulustigen vor dem Palazzo del Cinema auf dem Lido. Es wird ein Schatten auf Allens Reputation bleiben. Hollywood hat ihn praktisch ausgestoßen, genau wie Luc Besson und Roman Polanski, die hier ebenfalls mit neuen Filmen vertreten waren.

Proteste gegen Woody Allen in Venedig. Video: Katharina Sartena

In „Coup de Chance“ entspinnt Allen in bewährter Manier ein Drama zwischen Eheleuten. Lou de Laâge spielt Fanny, eine unzufriedene Frau die mit ihrem Mann Jean (Melvil Poupaud) die scheinbar perfekte Ehe führt. Sie sind beruflich erfüllt, leben in einer prächtigen Wohnung in Paris und scheinen sich zu lieben wie am ersten Tag. Doch als Fanny zufällig Alain (NIels Schneider), einem ehemaligen Schulfreund, über den Weg läuft, ist sie sofort hin und weg und stürzt sich in eine leidenschaftliche Affäre. Das bleibt Jean natürlich nicht verborgen, und er überlegt, zu drastischen Methoden zu greifen.

Melvil Poupaud und Lou de Laâge in „Coup de Chance“. Foto: La Biennale di Venezia

Ein bisschen erinnert „Coup de Chance“ an Allens „Matchpoint“ (2005), und es ist überdies Allens bester Film seit zehn Jahren. Dass der Film auf Französisch entstand, obwohl Allen diese Sprache gar nicht spricht, sei kein Problem gewesen. „Ich erkenne eine Performance, wenn sie schlecht ist, egal, welche Sprache man spricht“, sagte Allen in Venedig. Über sein Leben und seine Karriere sagte der vierfache Oscar-Preisträger, er habe sein ganzes Leben lang „sehr, sehr viel Glück“ gehabt. „Ich hatte liebevolle Eltern und gute Freunde. Ich habe eine wunderbare Frau und Ehe, zwei Kinder. In ein paar Monaten werde ich 88 Jahre alt; ich war noch nie in einem Krankenhaus, mir ist noch nie etwas Schreckliches passiert“, so Allen. „Aber natürlich ist es noch früh am Nachmittag“, scherzte er.

Woody Allen mit Valérie Lemercier (links), Lou de Laâge und Festivaldirektor Alberto Barbera. Foto: Katharina Sartena

Für die Zukunft ist Allen gerüstet: „Ich habe noch etliche Ideen für Filme, und wenn man mir Geld gibt, dann drehe ich auch gerne weitere Filme“. „Coup de Chance“, Allens 50. Film, entstand in Paris, „weil man mir dort das Geld gab. Im Prinzip kann ich überall drehen, wenn man meine Filme finanziert“. Auch wieder einmal in New York? „Ja, auch in New York. Wenn es eine dumme Person gibt, die mir Geld gibt, und meine Bedingungen akzeptiert, nämlich nicht zu wissen, wie der Inhalt oder der Titel meines Films ist, dann bin ich dabei“.

Woody Allen in der Pressekonferenz am Lido.

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