Superstar spielt Über-Legende: Angelina Jolie in der Rolle ihres Lebens als die Opern-Diva Maria Callas. Kann das gutgehen? Die Auflösung gab es jetzt bei den 81. Filmfestspielen von Venedig.
Von Peter Beddies / Venedig
Drei Filme über drei berühmte Frauen des 20. Jahrhunderts. Das hatte sich der chilenische Filmemacher Pablo Larrain (dessen schönster Film immer noch „Neruda“ ist) vorgenommen. Den Anfang machte vor acht Jahren das sterbenslangweilige Drama „Jackie“ über die ehemalige US-Präsidenten-Gattin Jacqueline Kennedy. Dann folgte der nur etwas bessere – aber immer noch sehr durchwachsene – „Spencer“ über Lady Di. Man durfte also durchaus skeptisch sein. Aber eines muss man auch sagen: Larrain versteht es, aus seinen Hauptdarstellern und Hauptdarstellerinnen das Maximum herauszuholen. So auch dieses Mal. Angelina Jolie darf schon jetzt fest mit einer Oscar-Nominierung rechnen.

Ein Film über die nach Meinung der allermeisten Kritiker besten Opern-Sängerinnen aller Zeiten. Wie macht man das am besten? Eine Stimme – bis heute unerreicht und das wird sicher noch einige Jahre so bleiben. Wie baut man die in den Film ein? Ganz zu verzichten, wäre eine Option gewesen. Angelina Jolie nur die Lippen zum Original bewegen zu lassen, sicher eine andere. Pablo Larrain hat sich zu etwas Anderem, viel Besseren entschlossen. Jolie, die von sich sagt, nicht singen zu können, hat über sieben Monate hinweg gelernt, wie man als Opernsängerin atmet, wie man steht und geht. Schließlich, wie man singt. Die Szenen, in denen La Callas singt, wurden vor Publikum gedreht. Das hat nur den Gesang von Angelina Jolie gehört (und war davon wohl ziemlich angetan). Der Regisseur saß daneben und hatte auch den Gesang der Callas parallel auf dem Ohr. Beim Abmischen des Films wurde dann entschieden, wann man von Callas zu Jolie wechselt und wieder zurück. Dieser Trick funktioniert auch deshalb so gut, weil der Film von den letzten sieben Tagen im Leben der Diva erzählt. Die Callas ist schon seit mehreren Jahren nicht mehr aufgetreten. Sucht jetzt nach ihrer Stimme. Scheitert ein ums andere Mal. Da dürfte die Original-Stimme von Frau Jolie häufiger zum Einsatz gekommen sein.
„Maria“, der ausschließlich in Paris spielt, schwelgt in den wunderbarsten Herbstfarben, die man sich vorstellen kann. Auf den Straßen der französischen Hauptstadt ist die legendäre Sängerin mit dem Journalisten Mandrax (hinter dem sich das starke Medikament verbirgt) und erzählt ihm – beziehungsweise sich selbst – ihre Lebensgeschichte. Es tauchen immer wieder starke Männer der Zeitgeschichte auf, an denen sie sich reibt.
Hin und wieder berichtet die Callas, wie schmerzhaft es ist, ihre Kunst aus dem Körper zu bekommen. Aufgefangen und liebevoll umsorgt wird sie regelmäßig von ihrem Butler und der Hausdame (wunderbare Rollen für Pierfrancesco Favino und Alba Rohrwacher). Und natürlich gibt es massenhaft Musik. Viel, viel Oper. Aber nicht in der Art, dass es nervt. Es reißt eher mit und unterhält sehr gut. Auch für Nicht-Klassik-Freunde dringend empfohlen.
Kleiner Wermutstropfen: Wenn überhaupt, wird der Film – der auf die große Leinwand gehört – sicher nur kurz in den Kinos zu sehen sein. Denn Netflix wird ihn in sein Programm aufnehmen.
