„Horizon“: Ein Jahrhundert-Projekt

Kevin Costner hat in Venedig den zweiten Teil seiner „Horizon“-Tetralogie vorgestellt. Wir haben uns den Film vor Ort angesehen.

Von Peter Beddies/Venedig

Kleine Dinge haben den Hollywood-Star Kevin Costner in seiner Karriere noch nie interessiert. Der Western-Fan wollte schon immer das ganz dicke Brett bohren. Bei „Der mit dem Wolf tanzt“ und „Open Range“ ist es ihm gelungen. Aber kann er den Erfolg wiederholen? Zum Ende der diesjährigen Filmfestspiele von Venedig gab es Teil 2 dieses wahnwitzigen Projektes.

Ob sich Kevin Costner das wenige verbliebene Haupthaar in den letzten Monaten so einige Male gerauft und anschließend ordentlich Kautabak-Saft ausgespuckt hat? Davon darf man ausgehen! Der Grund: Er hatte die unfassbar beliebte Serie „Yellowstone“ – die ihn mal wieder zum Superstar gemacht hat – verlassen. Aber das hat er nicht aus einer Laune heraus getan. Die Dreharbeiten für „Yellowstone“ und sein ehrgeiziges, nein, sein Lebens-Projekt „Horizon“ kamen sich immer mehr in die Quere.

Kevin Costner (Foto: Katharina Sartena)

Also verließ er – ähnlich wie seine Charaktere in dem geplanten 12-Stunden-Film „Horizon“ – die gewohnten Pfade und machte sich an die Umsetzung dieses Traums, den er wohl schon seit mehr als 35 Jahren mit sich herum trägt.

Im ersten Teil – in den USA im Kino ein Flop, jetzt bei der digitalen Heimauswertung ein Hit – wurden verschiedene Figuren im Jahr 1861 vorgestellt. Alle waren sie irgendwie mit der geplanten Siedlung Horizont in New Mexiko verbunden. Nun macht Costner da weiter, wo er aufgehört hat. Und er macht damit ein Versprechen wahr. „Horizon“ ist keine Mini-Serie, die zwischen den einzelnen Teilen Cliffhanger und die zu Beginn der neuen Teile nochmal zusammenfasst, was bisher geschehen ist.

„Horizon 2“ (Foto: Tobis Film)

Kevin Costner spannt den großen dramatischen Bogen. Man sollte auf jeden Fall den ersten Teil gesehen haben, um die zweiten drei Stunden genießen zu können. Costner selbst, dieses Mal etwas mehr im Mittelpunkt (vielleicht ein Zugeständnis an den ersten Teil, in dem er nicht so oft auftaucht), tritt eine neue Stelle als Sicherheits-Chef bei einem riesigen Pferdetransport an. Noch immer sind ihm die Gangster aus Teil 1 hinterher, die den Tod ihres Bruders rächen wollen. Dann geht es um den Treck, der schon im Auftakt der Saga eine große Rolle gespielt hat. Dieses Mal muss eine junge Frau erleben, welche tragischen Folgen es hat, wenn der eigene Ehemann plötzlich stirbt, dass man nämlich als Freiwild angesehen wird. Und so weiter und so fort.

Wie schon im ersten Teil zeigt sich Costner als begnadeter Erzähler, der die grandiosen Panoramen immer wieder einfließen lässt, der keine Angst vor Emotionen und guter Musik hat. Nur von den Ureinwohnern und ihrem Kampf untereinander, wie man mit den Menschen umgehen soll, die ihr Land besetzen, sieht man dieses Mal nicht all zu viel. Davon soll in den abschließenden Teilen 3 und 4 erzählt werden. Costner plant nach wie vor, sie im Frühjahr 2025 zu drehen. Es wäre eine Schande, wenn ihm das nicht gelingen sollte. Denn „Horizon“ (Teil 2 ab dem 8.11. im Kino) ist nichts Geringeres als ein Jahrhundert-Projekt. Großes umwerfendes Kino mit einem langen Atem, das auf die größtmögliche Leinwand gehört.

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