In Berlin hatte mit „Mother’s Baby“ der österreichische Beitrag im Wettbewerb Premiere. celluloid traf Regisseurin Johanna Moder zum Gespräch.
Von Matthias Greuling, Berlin
Ein gut situiertes Ehepaar um die 40 hat einen Kinderwunsch. Der soll in einer Wiener Privatklinik ermöglicht werden. Doch die Geburt verläuft anders als erwartet: Der Säugling wird sofort weggebracht, und Julia, die Mutter, wird im Unklaren gelassen, was passiert ist. Nach der Geburt bleiben Fragen: Ist das Baby tot zur Welt gekommen und wurde es gegen ein lebendes „getauscht“? Das ist jedenfalls die Vermutung der Mutter, deren Zweifel als postnatale Depression abgetan werden – vom Arzt, vom Ehemann, von der ganzen Familie.

Eine Prämisse, die „für sich steht“, wie Regisseurin Johanna Moder im celluloid-Interview im Berliner Hotel Hyatt betont. „Ich finde, der Film spricht für sich und soll auch für sich alleine sprechen. Ich möchte ihn nicht erklären“, sagt Moder.
In der Hauptrolle der Julia brilliert die Schweizer Schauspielerin Marie Leuenberger, bekannt aus Filmen wie „Die göttliche Ordnung“. Hans Löw verkörpert ihren Partner Georg, während Claes Bang die Rolle des mysteriösen Dr. Vilfort übernimmt. Insgesamt eine hervorragende Besetzung in einem thrillerartigen Kammerspiel, das um die Gefühle und Gedanken einer Mutter kreist.
Psychologischer Thriller über die Rolle der Mutter
Johanna Moder beschreibt ihren Film als einen „psychologischen Thriller, der die verborgenen Erwartungen an die Mutterrolle und die Herausforderung thematisiert, sich dabei nicht selbst zu verlieren.“ Sie betont, dass „Mother’s Baby“ keine gewöhnliche Familiengeschichte sei, sondern die düsteren und öffentlich nicht so gern besprochenen Aspekte der Mutterschaft beleuchte. „Eigentlich handelt es sich um ein gut situiertes Paar, das alles im Leben erreicht hat – sie ist gefeierte Dirigentin, er hat einen Topjob. Und doch erzählt uns die Gesellschaft, dass da etwas fehlt. Zum kompletten Glück braucht es ein Kind, sagt die Gesellschaft“, so Moder. „Diesem Druck gibt Julia nach, und dann bricht aber genau diese Wunscherfüllung ihr Leben komplett auseinander. Das finde ich nämlich persönlich auch ein sehr interessantes Bild, dass man eben einer Frau sagt, du bist erst dann komplett und erst dann ganz, wenn du ein Kind hast“, sagt Moder, selbst Mutter zweier Kinder. „In dem Film ist natürlich viel von meiner Erfahrung drin, die Geschichte ist aber reine Fiktion. Dennoch war es mir wichtig, zu betonen, dass es toll ist, Kinder zu haben, aber es wird im Diskurs darüber so viel ausgespart. Mütter sind glücklich, aber auch durchgehend müde, gestresst, voller Sorge. Darüber spricht die Gesellschaft nicht“. Hauptdarstellerin Marie Leuenberger sagt ihrer Rolle: „Die Darstellung der Julia war eine intensive Reise. Ihre inneren Konflikte und Zweifel spiegeln die oft unausgesprochenen Ängste vieler Frauen wider.“
Das ist auch das Ziel von Regisseurin Moder: Bewusstsein zu schaffen für die Sorgen und Nöte von Müttern. Denn viele fühlen sich ziemlich alleingelassen, selbst wenn es eine funktionierende Partnerschaft und Rückhalt gibt.
„Mother’s Baby“ ist ein fesselnder Beitrag zum diesjährigen Berlinale-Wettbewerb und wirft ein intensives Licht auf die komplexen Facetten der Mutterschaft. Moder gelingt es eindrucksvoll, die psychologischen Abgründe ihrer Protagonistin darzustellen und den Zuschauer in einen Strudel aus Emotionen zu ziehen. Gut möglich, dass der Film zu den Preisträgern der Berlinale gehören wird.
