Radu Jude über Dracula, seinen neuen Film, der in Locarno im Wettbewerb läuft.
Mit Dracula kehrt Radu Jude nach Locarno zurück und wirft die Legende von Vlad dem Pfähler in einen postmodernen Mix aus iPhone-Kinematografie, pornografischen KI-Bildern und avantgardistischer mise en scène. Dabei nimmt er alles aufs Korn, was mit dem ikonischen Blutsauger zu tun hat – von Stoker über Dreyer bis Coppola – und verbindet es mit einer bissigen Auseinandersetzung über Faschismus, rumänischen Nationalismus und ausbeuterischen Kapitalismus.

Jude sieht in Dracula eine Metapher für das Kino selbst: „Der filmische Apparat ist vampirisch. Er saugt Literatur, Musik, Malerei, Fotografie auf – und verwandelt sie in etwas anderes. Du fütterst ihn, und dann macht er dich entweder unsterblich oder er tötet dich.“
Auch die KI passt für ihn in dieses Bild: „Sie saugt sich alles an, ohne zu fragen – genau wie Dracula.“ Ursprünglich aus einem abgelehnten Transsilvanien-Projekt hervorgegangen, entdeckte Jude in den „schlechtesten“ KI-Bildern eine seltsame Poesie.
Wie viele seiner Filme versteht er Dracula als Analyse von Ausbeutung – nicht nur historisch, sondern auch im neoliberalen Kapitalismus. Trotz der politischen Tiefe ist der Film humorvoll und experimentierfreudig. „Das Kino muss von anderen Künsten lernen und mutiger werden. Smartphones, KI – alles, was es demokratisieren kann – sind großartige Werkzeuge. Denn demokratisch ist es noch lange nicht.“ MG
