Locarno hat einen „Deal“

In Lausanne wurde 2015 Geschichte geschrieben: Der Iran und die USA verhandelten über das Atomprogramm, während die Welt gespannt zusah. Jean-Stéphane Brons neue Serie führt an den realen Schauplatz zurück – und zeigt, wie Machtpolitik wirklich funktioniert: im Verborgenen, jenseits von Presseblitzen und Konferenzmikrofonen. In Locarno waren die ersten Folgen zu sehen.

Mit The Deal präsentiert der Schweizer Regisseur Jean-Stéphane Bron eine fesselnde Chronik der heiklen Gespräche zwischen dem Iran und den Vereinigten Staaten. Statt offizieller Pressebilder fokussiert die Serie auf das unsichtbare Ringen hinter den Türen des Lausanner Verhandlungshotels – dort, wo politische Entscheidungen von stillen Gesten, gezielten Sticheleien und taktischen Schachzügen geprägt werden.

Hinter den Kulissen der großen Polit-Entscheidungen: „The Deal“. Fotos: Festival Locarno

Hinterzimmer statt Pressekonferenz
Die zentralen Figuren sind nicht die Staatschefs, sondern die Schattenakteure: Berater, Dolmetscher, Organisatoren – Menschen wie Alexandra, die akribisch Termine koordiniert, Übersetzer abstimmt und darauf achtet, dass kein Fauxpas das fragile Klima gefährdet. Mal geht es um strategische Argumente, mal um banale, aber hochbrisante Details – wie den richtigen Whiskey am richtigen Tisch.

Bron zeigt die Schweiz nicht als passiven, neutralen Beobachter, sondern als aktiven Mitgestalter. Die berühmte Neutralität wird hier zum außenpolitischen Werkzeug, das zwischen Vermittlung und Eigeninteresse oszilliert.

Polit-Thriller mit Realitätsbezug
Die Spannung liegt in den Zwischentönen: Wer spricht mit wem, wer meidet wessen Blick, wer betritt den Raum zu welchem Zeitpunkt? Bron inszeniert das Geschehen wie einen Politthriller, in dem Kooperation und Konfrontation stets dicht beieinanderliegen.

Bekannt für Dokumentarfilme wie Cleveland versus Wall Street und The Paris Opera, verleiht Bron auch dieser Serie seine präzise, beinahe chirurgische Beobachtungsgabe. Das Ergebnis ist ein Blick hinter den Vorhang der Weltpolitik – voller feiner Details, die oft mehr Gewicht haben als die offiziellen Verhandlungspapiere.

Brisanz im Hier und Jetzt
Zehn Jahre nach Lausanne ist die politische Lage angespannter denn je, und The Deal wirkt dadurch beklemmend aktuell (zumal Deals ja derzeit dank Donald Trump schwer in Mode sind). Die Serie erinnert daran, dass die entscheidenden Kapitel der Weltgeschichte nicht nur in Konferenzräumen geschrieben werden – sondern oft in den leisen, unscheinbaren Momenten dazwischen. MG

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